Zerstörerischer Orkan fegt mit 165 km/h übers Rottal

Rettungskräfte im Dauereinsatz - Mehrere Hallendächer abgedeckt - Unzählige Bäume umgestürzt - Leichtverletzter bei Verkehrsunfall - Stromausfälle

Eggenfelden (ms). "kyrill" hat in der Nacht auf Freitag auch im Rottal gewütet. Mit rund 165 Sachen fegte der Orkan übers Land, knickte Bäume wie Streichhölzer um, deckte Hallendächer ab und legte teilweise die Stromversorgung lahm.

Im Minutentakt gehen am fühen Donnerstagabend Notrufe bei der Eggenfeldener Polizei ein: An allen Ecken und Enden des Landkreises stürzen Bäume um, die die Straßen blockieren. Sofort werden die umliegenden Feuerwehren alarmiert. Wo es möglich ist, werden die Hindernisse sofort beseitigt. In machen Fällen, wie etwa in Kammerau, sind die Rettungskräfte jedoch machtlos. Der Wind ist einfach zu stark, um die Bäume aus dem Weg zu schaffen. Also muss die Staatstraße gegen 21 Uhr zwischen Mariakirchen und Eichendorf gesperrt werden. Es wird nicht die einzige Strecke sein, die im Laufe der Nacht gesperrt werden muss.

Sieben Polizeibeamte sind an diesem Abend im Einsatz, mehr als sonst. "Die Lage war absehbar, darum hatten wir auch noch einige Kollegen in Rufbereitschaft" sagt Polizei-Vizechef Günter Neun. Am Freitagvormittag wird das Ausmaß der Sturmschäden deutlich. Auf sechs Seiten sind die 64 Alarmierungen aufgelistet, die bis 6.30 Uhr eingehen.

Gegen 22 Uhr wird der Sturm immer stärker. Jetzt reißt der Orkan nicht mehr nur Bäume um. Hallendächer lösen sich aus der Verankerung, wirbeln durch die Luft. So wie in Malgersdorf, wo Windböen das halbe Dach der Turnhalle wegreißen. Die Feuerwehr verhindert ein weiteres Unglück, indem sie die umherfliegenden Teile sichert. Ersten Schätzungen nach beläuft sich der Schaden auf rund 15 000 Euro. Sofort dichten Feuerwehrmänner und Handwerker das 150 Quadratmeter große Loch ab, damit der Regen nicht noch größeren Schaden anrichtet.

Um 22.42 Uhr wird die Polizei schon wieder zu einem weggerissenen Dach gerufen. Dieses Mal hat es in Gangkofen ein Bekleidungsgeschäft erwischt. Schaden: rund 10.000 Euro. Nur vier Minuten später ist Hebertsfelden dran. An einem Haus ist der Giebel eingestürzt, die Feuewehr greift ein.

Vehement wütet "Kyrill" in Massing. Die Rettungskräfte rücken um 22.49 Uhr zu einem Firmengebäude aus. Dort wird das Dach auf einer Fläche von rund 400 Quadratmeter abgedeckt. Laut ersten Schätzungen beläuft sich der Schaden auf ca. 40 000 Euro.

Zu allem Unglück ereignet sich um 22.50 Uhr auf der Staatsstraße 2211 zwischen Frontenhausen und Gangkofen auch noch ein Verkehrsunfall, bei dem ein Autofahrer leicht verletzt wird. Beim Versuch, einem von "Kyrill" geknickten Baum auszuweichen, kollidiert der Fahrer mit einem voll besetzten BMW-Schichtbus.

Kurz vor Mitternach tobt der Orkan am schlimmsten. Um 22.50 Uhr wird am Flugplatz Eggenfelden eine Windgeschwindigkeit von 103 km/h gemessen. "Die Messstelle befindet sich etwa sechs Meter über dem Boden" erklärt Konrad Höhendinger von der Luftaufsicht. "In höheren Lagen ist der Wind noch viel stärker gewesen", ist er sich sicher. Seine prognose bestätigen die Werte, die im Windpark in Gangkofen registriert wurden. Mit sage und schreibe 165 km/h pfeift der Sturm 65 Meter über dem Erdboden übers Land. "Unsere drei Anlagen liefen problemlos und produzierten rund 30 000 Kilowattstunden Strom in den vergangenen 24 Stunden", sagt Martin Brunnmeier, Geschäftsführer der R.E-G.-Windparks. Diese Strommenge entspreche dem Jahresbedarf von zehn Haushalten. wegen des Sturms wurde aber aus Sicherheitsgründen die Leistungsaufnahme der Anlage deutlich reduziert, indem die Flügel verdreht wurden.

Nach mitternacht fällt in manchen regionen wie Massing, Falkenberg oder Kirchberg auch noch der Strom aus. Auf der Strecke zwischen Arnstorf und Triefelden hängt sogar ein Strommast in der Fahrbahn.

Als ich die Lage allmählich entspannt, werden gegen 6 Uhr aus Wurmannsquick größere Blechteile gemeldet, die in der Schulstraße liegen. Jetzt wird ersichtlich, mit welcher Kraft der Orkan gewütet hat. Das gesamte Blechdach der Turnhalle wurde herunter gerissen. Zum Teil flog es rund 30 Meter über das Schulgebäude hinweg auf den angrenzenden Parkplatz und beschädigte dabei auch noch das Dach der Schule. "Die Schadensumme ist noch nicht abschätzbar", sagte Bürgermeister Ludwig Watzinger in einer ersten Stellungnahme. Zu den Sturmschäden dürften auch noch Wasserschäden kommen, da es in die Halle hinein regnete.

 

"Kyrill" hält Rettungskräfte auf Trab

Feuerwehr im Landkreis zu rund 350 Einsätzen gerufen - Kreisbrandrat lobt Verständnis der Bürger

Rottal-Inn (red). Das Sturmtief "Kyrill" hat in der Nacht von Donnerstag auf Freitag im gesamten Landkreis kräftig gewütet und die Rettungskräfte mächtig auf Trab gehalten.

Im Dauerstress befanden sich in der Sturmnacht sowie gestern die Mitarbeiter der Bauhöfe in allen Gemeinden und vor allem die Feuerwehren des gesamten Landkreises. Rund 800 aktive Frauen und Männer waren nach Angaben von Kreisbrandrat Hans wild im Einsatz. Zu 285 Zwischenfällen wurden sie gerufen. "Besonders zwischen 23 und 2 Uhr ging es rund", sagte der oberste Feuerwehrmann gestern Vormittag nach einer Einsatzbesprechung im Landratsamt, an der auch Oberamtsrat Anton Hutterer und Landrätin Bruni Mayer teilnahmen. Mayer war bereits in der Nacht über die aktuelle Situation informiert worden. Im Laufe des Tages erhöhte sich die Zahl der Einsätze auf rund 350.

 

In erster Linie mussten die Feuerwehrleute umgestürzte Bäume beseitigen. Zum Teil wurden ganze Straßenzüge komplett gesperrt, so etwa in Dietersburg, Massing, Gangkofen, Tann und Wittibreut. "Es war an verschiedenen Stellen auch für uns zu gefährlich, dort noch während des Sturms gleich an die Arbeit zu gehen", sagte Wild.

Unterm Strich fällt das Fazit seitens der Feuerwehr positiv aus: "Die Zusammenarbeit mit den Bauhöfen der Kommunen hat gut geklappt, die Bürger reagierten sachlich und zeigten Verständnis, wenn wir nicht gleichzeitig überall sein konnten." Besonders wichtig: Niemand wurde bei den Einsätzen verletzt.

Eher ruhig blieb es beim BRK, wie Hans Haider, Rettungsdienstleiter und stellvertretender Kreisgeschäftsführer, sagt. Ein Mensch wurde leicht verletzt, als er auf der Staatstraße zwischen Frontenhausen und Gangkofen wegen eines umgestürzten Baumes in einen Bus fuhr. Ansonsten stehen nur einige kleinere Einsätze zu Buche. Zufahrtsprobleme habe es im Gegensatz zu anderen regionen nicht gegeben. Haider befürchtet allerdings, dass das BRK möglicherweise erst in den nächsten Tagen mehr zu tun bekommt. "Es besteht immer eine Gefahr, wenn die Menschen dann auf ihre Dächer steigen, um etwaige Schäden zu beseitigen", mahnt er zu großer Vorsicht.


„Schäden im Wald nicht so dramatisch“


Deutliche Spuren hinterlassen hat der Orkan in den Wäldern. In manchen Bereichen hielten gleich Dutzende Bäume den Windböen nicht stand und stürzten um. Dennoch scheinen die Folgen "nicht so dramatisch" zu sein, wie Gundula Lermer, stellvertretende Chefin des Amts für Landwirtschaft und Forsten und Bereichsleiterin Forsten, gestern sagte. Die Situation sei weit weniger schlimm als etwa nach den Stürmen "Wiebke" oder "Lothar". Allerdings könnte sich an diesem "ersten Stimmungsbild" noch einiges ändern, da der Wind - wenn auch nicht mehr so stark - auch am Wochenende noch anhalten soll, so Lermer.

( Berichte im Lokalteil des Rottaler Anzeigers am Samstag, den 20. Januar 2007 )

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